Neue Sprache in antiker hethitischer Stadt entdeckt

Bearbeitet von: Vera Mo

Archäologische Ausgrabungen in Boğazköy-Ḫattuša, der Hauptstadt des Hethiterreiches, haben eine Keilschrifttafel mit einem Text in einer bisher unbekannten Sprache zu Tage gefördert. Die neu entdeckte Sprache wurde "Kalašma" genannt und gehört zur anatolisch-indogermanischen Sprachfamilie. Das Hethiterreich, das von 1650-1200 v. Chr. existierte, spielte eine bedeutende Rolle im östlichen Mittelmeerraum und im Nahen Osten. Entdeckte Texte belegen, dass Anatolien eine vielsprachige und multikulturelle Region war, in der verschiedene Sprachen verwendet wurden, darunter Hethitisch, Luvianisch, Paläisch und Hattisch. Die Tafel enthält eine Einleitung, in der vermerkt ist, dass ein Experte für Rituale "in der Kalašma-Sprache" spricht. Dies deutet darauf hin, dass hethitische Schreiber fremde Rituale in den Sprachen der Völker aufzeichneten, denen sie begegneten. Laut Professor Andreas Schachner, dem Leiter der Ausgrabungen in Ḫattuša, war diese Praxis bei den Hethitern üblich: "Die Hethiter waren in einzigartiger Weise daran interessiert, Rituale in fremden Sprachen aufzuzeichnen, darunter syrische und mesopotamische Traditionen. Sie glaubten, dass Götter einer anderen Region nur ihre Muttersprache verstehen würden, und versuchten daher, sie in Kulttexten zu verwenden." Kalašma wurde an der nordwestlichen Grenze des Hethiterreiches gesprochen, wahrscheinlich in der Gegend des heutigen Bolu oder Gerede. Texte, die in dieser Sprache geschrieben sind, enthalten Beschreibungen des täglichen Lebens und festlicher Rituale. Ein internationales Team von Wissenschaftlern entzifferte 174 Tafeln. Professor Daniel Schwemer vom Lehrstuhl für Altorientalische Sprachen an der Universität Würzburg in Deutschland und Dozent Metin Alparslan von der Universität Istanbul arbeiteten an ihrer Übersetzung. Nach der Übersetzung führten Professor Elisabeth Rieken und Dozent Ilya Yakubovich von der Universität Marburg eine linguistische Analyse und Sprachidentifikation durch. Laut Schachner wurde die Arbeit mit den Tafeln zu einer gemeinschaftlichen Anstrengung: "Professor Schwemer arbeitet an den Keilschriftfunden, die bei den Ausgrabungen entdeckt wurden. Er übersetzte sie aus der Keilschrift in das lateinische Alphabet, woraufhin die Linguisten die Texte analysierten und entzifferten." Obwohl die Tafeln keine bedeutenden historischen Informationen enthalten, bestätigen sie die Mehrsprachigkeit des Hethiterreiches und seinen flexiblen Ansatz zur Einbeziehung eroberter Völker in sein religiöses und politisches System. Die Forschungsergebnisse wurden bereits in digitaler Form in Professor Schwemers Werk Keilschrifttexte aus Boghazköy veröffentlicht. Die offizielle Veröffentlichung der Kalašma-Sprachtexte ist für die kommenden Monate geplant. Professor Schachner betont die Bedeutung dieses Fundes für die Erforschung der Geschichte der Region: "Diese Entdeckung beweist einmal mehr, dass das antike Anatolien ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen und Sprachen war. Wir studieren diese Texte weiterhin, um mehr über die hethitische Gesellschaft und ihre Interaktionen mit ihren Nachbarn zu erfahren."

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