Neueste Forschungen haben Einblicke in die genetischen Ursprünge domestizierter Pflanzen gegeben, insbesondere in Blumenkohl (Brassica oleracea) und seinen fraktalen Verwandten, Romanesco. Während der Domestikation wählten Menschen Pflanzen aus, die am besten auf ihre Bedürfnisse abgestimmt waren, was zu erheblichen genetischen Veränderungen führte.
Blumenkohl und Romanesco zeigen auffallend unterschiedliche Erscheinungsbilder, wobei Romanesco durch seine fraktale Struktur, die aus Spiralen konischer Blütenstände besteht, gekennzeichnet ist. Diese Studie, veröffentlicht in der Zeitschrift Science, untersucht, wie über Jahrhunderte angesammelte genetische Veränderungen zu solch komplexen Formen geführt haben.
Durch die Verwendung von Arabidopsis thaliana, einem gut untersuchten Verwandten des Kohls, entdeckten die Forscher, dass zwei spezifische genetische Mutationen ausreichen, um Blumen in kleine Köpfe zu verwandeln. Dies deutet darauf hin, dass eine begrenzte Anzahl von Mutationen entscheidend für die Umwandlung ancestral Pflanzenstrukturen in essbare Formen ist.
Das Wachstum von Pflanzen wird durch einen Wettbewerb zwischen 'Stängel'- und 'Blüten'-Genen innerhalb der Knospen beeinflusst. Die Studie verwendete eine Kombination aus biologischen Experimenten, mathematischer Modellierung und 3D-Simulationen, um die genetischen Mechanismen zu isolieren, die für die Struktur des Blumenkohls verantwortlich sind.
In normalen Pflanzen wird ein als 'blumiger Architekt' bezeichnetes Gen in Blütenknospen aktiv, das zusätzliche Blütengene anruft, um eine Stängelgen-Interferenz zu verhindern. Bei Arabidopsis-Blumenkohl sind die benötigten Blütengene jedoch aufgrund von Mutationen inaktiv, was den Stängelgenen erlaubt, zu dominieren.
Dies führt zu einer Kettenreaktion, bei der modifizierte Stängelknospen neue Blütenknospen produzieren, die wieder zu Stängelknospen werden, was einen kumulativen Effekt von Stängeln erzeugt. Die Forschung zeigt, dass sowohl Blumenkohl als auch Romanesco ähnliche genetische Mechanismen teilen, obwohl das Wachstumstempo und die Struktur von Romanesco zu seinem auffälligen fraktalen Aussehen führen.
Die Ergebnisse haben bedeutende Implikationen sowohl für die Forschung als auch für die Landwirtschaft. Die Identifizierung der Mutationen, die für diese einzigartigen Formen verantwortlich sind, könnte die Domestizierung von wilden grünen Kohlen mit landwirtschaftlichen Vorteilen, wie Krankheitsresistenz und Temperaturtoleranz, erleichtern. Dieser Ansatz, genannt 'de novo Domestikation', zielt darauf ab, den langen Domestikationsprozess mithilfe moderner Genom-Editing-Techniken zu reproduzieren.
Christophe Godin ist Forschungsdirektor am Inria, während François Parcy das Team 'Regulatoren der Blütenentwicklung' am Inrae leitet.