In einer aktuellen Untersuchung des Bewusstseins präsentiert der Neurowissenschaftler Anil Seth eine überzeugende These in seinem Buch "Wie das Gehirn unser Bewusstsein erschafft." Im Gegensatz zur traditionellen Ansicht, dass das Gehirn ein passiver Empfänger von Reizen ist, argumentiert Seth, dass es aktiv Wahrnehmungen und Hypothesen basierend auf sensorischen Informationen konstruiert.
Seth postuliert, dass jede bewusste Erfahrung im Wesentlichen eine "kontrollierte Halluzination" ist. Das bedeutet, dass unsere Wahrnehmungen keine direkten Reflexionen der Realität sind; sie sind vielmehr Interpretationen, die durch die Vorhersagen des Gehirns über eingehende sensorische Signale geformt werden. Er erklärt: "Wir erleben niemals sensorische Signale so, wie sie sind; wir erleben nur unsere Interpretationen dieser Signale." Diese Perspektive legt nahe, dass unser Verständnis von Realität eine Reihe von fundierten Vermutungen ist, die unser Gehirn anstellt.
Darüber hinaus betont Seth, dass diese Vorhersagen für das Überleben zuverlässig sein müssen. Der evolutionäre Erfolg bestimmter Arten zeigt, dass ihre kontrollierten Halluzinationen konstant die objektive Realität approximiert haben, wodurch das Konzept der objektiven Realität, das Seth ursprünglich in Frage stellt, wieder eingeführt wird.
In einem weiteren aufschlussreichen Werk zeigt der Mathematiker John D. Barrow in "Warum die Welt mathematisch ist?" den evolutionären Vorteil eines wissenschaftlichen Ansatzes anhand einer Parabel über zwei Affen. Einer, der sich auf mathematische Berechnungen verlässt, springt erfolgreich von einem Baumast zu einem anderen, während der andere, der in philosophischen Spekulationen verloren ist, nicht überlebt. Diese Geschichte verdeutlicht, wie ein fundiertes Verständnis der Realität ein entscheidender evolutionärer Mechanismus für den Menschen war.
Zusätzlich bemerkt der Physiker Tullio Regge, dass die menschliche Kognition und Logik tiefgreifend von den Überlebenskämpfen in der Natur geprägt wurden, was die Idee verstärkt, dass unser Verständnis der Naturgesetze intuitiv und überlebenswichtig ist.
Obwohl Seths Buch faszinierende Fragen zur Natur des Bewusstseins und der Wahrnehmung aufwirft, lässt es auch einige ungelöste Probleme, insbesondere in Bezug darauf, wie verschiedene Arten Farben und Reize unterschiedlich wahrnehmen. Diese fortlaufende Erforschung des Bewusstseins stellt weiterhin unsere Auffassung von uns selbst und der Welt um uns herum in Frage.